Was ohne Wudū, ohne Ghusl, bei der Menstruation und beim Wochenbett verboten ist

Bismillāhir-rahmānir-rahīm.
Al-hamdu lillāhi rabbil-ālamīn.
Was-salātu was-salāmu alā rasūlinā muhammad,
wa alā ālihi wa sahbihi ajma’īn

In Deinem Namen lernen wir diese Dinge und nur Dir gegenüber müssen wir uns am Ende rechtfertigen.


Inhaltsverzeichnis

  1. Kleiner Hadath („kein Wudū“)
    • Gebet
    • Khutbah
    • Tawāf
    • Berühren und Tragen des Qur’āns
  2. Großer Hadath – Janābah
    • Alle Dinge, die im Zustand des kleinen Hadaths verboten sind
    • Rezitation des Qur’āns
    • Verweilen in einer Moschee
  3. Großer Hadath – Menstruation und Wochenbett
    • Alle Dinge, die im Zustand der Janābah verboten sind
    • Fasten
    • Betreten einer Moschee
    • Intimität
    • Scheidung
    • Wudū oder Ghusl zur Wiederherstellung der rituellen Reinheit

1. Kleiner Hadath („kein Wudū“)

Der sogenannte kleine Hadath beschreibt den Zustand in dem man sich befindet, wenn man seinen Wudū bricht. (Was bricht den Wudu?)

1a. Gebet

Der Prophet (ﷺ) sagte sinngemäß:

„Kein Gebet wird ohne Reinheit akzeptiert.“

[Sahīh Muslim]

Die sogenannte Niederwerfung der Rezitation (Sujūd at-Tilāwah) und die Niederwerfung der Dankbarkeit (Sujūd ash-Shukr) können auch nur durchgeführt werden, wenn man Wudū hat.

1b. Khutbah

1c. Tawāf

1d. Berühren und Tragen des Qur’āns

Worauf genau bezieht sich das Verbot?

Jeder niedergeschriebene qur’ānische Inhalt ist betroffen, auch wenn es nur ein Teil einer einzigen Āyah wäre. Unabhängig davon, ob er in einem Buch, auf einem Stück Papier oder auf einer Tafel steht. Außerdem sind nicht nur die genauen Stellen betroffen, an denen die Buchstaben stehen, sondern das gesamte Objekt, auf dem der qur’ānische Inhalt niedergeschrieben wurde.

Falls der qur’ānische Inhalt zusammen mit anderen Inhalten vorkommt, wie z.B. in einem Tafsīr, träfe das Verbot nur dann nicht zu, wenn der nicht-qur’ānische Anteil darin mehr ist als der qur’ānische Anteil. Sollte man sich nicht sicher sein, träfe das Verbot zu.

Eine qur’ānische Kalligrafie, die einen Raum optisch aufwerten soll, wäre nicht von dem Verbot betroffen. Das Verbot betrifft nämlich nur qur’ānische Inhalte, die mit der Absicht niedergeschrieben wurden, dass man sie rezitiert oder sie lernt. Qur’ān-Amulette könnten daher auch ohne Wudū berührt werden. Genauso Geldmünzen, auf die Āyāt geschrieben wurden. Sollte man über die Absicht des Schreibers unsicher sein, kann man hier von der Erlaubtheit ausgehen.

Übersetzungen des Qur’āns können nicht als Qur’ān bezeichnet werden und sind deswegen auch nicht von diesem Verbot betroffen.

Das Verbot bezieht sich jedoch nicht auf das Schreiben von qur’ānischen Inhalten, wenn man beim Schreiben das Objekt selbst nicht berührt oder trägt.

Welche Methoden sind erlaubt und welche verboten?

Das Berühren wäre auch mit einer Barriere verboten, wie beispielsweise mit Handschuhen oder Ärmeln. Das Umblättern der Seiten mit beispielsweise einem Stift wäre jedoch erlaubt.

Das Tragen des Qur’āns in einer Tasche wäre nur verboten, wenn man damit explizit das alleinige Tragen des Qur’āns beabsichtigt. Sollte man stattdessen das Tragen des Qur’āns zusammen mit anderen Dingen beabsichtigen oder sich allgemein keine Gedanken darüber machen, was man genau trägt, so wäre das Tragen ohne Wudū erlaubt.

Digitale qur’anische Inhalte

Digital gespeicherte qur’ānische Inhalte, zum Beispiel auf dem Smartphone, unterliegen nicht dem selben Urteil wie greifbare Niederschriften des Qur’āns; zumindest nicht, wenn diese nicht dargestellt werden. Wenn die gespeicherten Inhalte jedoch vom Speicher abgerufen und auf dem Bildschirm dargestellt werden, stellt sich die Frage, ob das Gerät dann noch ohne Wudū berührt oder getragen werden darf.

Laut einigen zeitgenössischen Shāfi’īs wäre es erlaubt. Der digitale Bildschirm ähnelt ihrer Meinung nach nämlich mehr einem Spiegelbild des Qur’āns und das Berühren eines Spiegels, der den Qur’ān abbildet, wäre selbstverständlich nicht verboten.

Den vorhandenen Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg zu gehen, wäre natürlich dennoch empfohlen.

Kinder im Bezug auf dieses Verbot

Ein Kind, welches den Tamyīz bereits erreicht hat, darf den Qur’ān für Lernzwecke berühren und tragen, auch wenn es keinen Wudū hat. Man darf diese Erleichterung jedoch nicht ausnutzen, indem man sein Kind, das keinen Wudu hat, beispielsweise darum bittet, einem den Qur’an aus dem Zimmer zu bringen, weil man ihn selbst lesen will.

Wenn das Kind den Tamyīz jedoch noch nicht erreicht hat, darf man ihm den Qur’ān gar nicht geben, weil zu erwarten wäre, dass der Qur’ān dann mit zu wenig Respekt behandelt werden würde.

2. Großer Hadath – Janābah

2a. Alle Dinge, die im Zustand des kleinen Hadaths verboten sind

Obwohl man sich rein theoretisch im Zustand der Janābah befinden kann, obwohl man noch Wudū hat, ändert dies also praktisch nichts an den Dingen, die im Zustand der Janābah verboten sind.

2b. Rezitation des Qur’āns

Alī (radīAllāhu anhu) sagte sinngemäß:

Der Prophet (ﷺ) rezitierte uns in jedem Zustand den Qur’ān, solange er sich nicht im Zustand der Janābah befand.

[Jāmi at-Tirmidhī, Imām Tirmidhī sagte ‚hasan sahīh‘]

Das alleinige Bewegen der Lippen, ohne hörbare Rezitation, wäre jedoch erlaubt, weil hierbei keine richtige Rezitation stattfindet; unabhängig davon, ob es aus dem Gedächtnis oder ablesend geschieht.

Das Verbot bezieht sich jedoch nur auf das Aufsagen qur’anischer Inhalte mit der Absicht, Inhalte aus dem Qur’ān wiederzugeben; egal wie wenig. Das Sprechen von Adhkār oder Du’ās, die im Qur’ān zu finden sind, wäre daher nur verboten, wenn man dabei zusätzlich noch die Rezitation des Qur’āns beabsichtigen würde.

Ein paar Beispiele für das erlaubte Aufsagen qur’ānischer Inhalte:

  • Das allgemeine Aufsagen der Basmalah vor Handlungen
  • Rezitieren der Fātihah als Du’ā oder Ruqyah
  • Das Sagen von „Innā lillāhi wa innā ilayhi rāji’ūn“ nachdem man von einem Schicksalsschlag getroffen wurde
  • Das Sagen von „Rabbanā ātinā fid-dunyā hasanah, wa fil-ākhirati hasanah, wa qinā adhāban-nār“ als einfache Du’ā.
  • Das ‚gedankenlose‘ Rezitieren von qur’ānischen Inhalten aus reiner Gewohnheit
  • Im Rahmen des Morgen- und Abend-Dhikrs die letzten drei Suren des Qur’ans dreimal aufsagen
  • Rezitieren der Āyat al-Kursi vor dem Schlafen oder allgemein für Schutz
  • Rezitieren von Sūrat al-Falaq und Sūrat an-Nās als Du’ā bzw. für Schutz

Obwohl diese Inhalte qur’ānische sind, wäre es dennoch erlaubt, sie aufzusagen, weil die Absicht in diesen Situationen nicht die ist, Inhalte aus dem Qur’ān wiederzugeben.

2c. Verweilen in einer Moschee

Das Betreten wäre zwar erlaubt, aber das Verweilen, um beispielsweise einem Unterricht beizuwohnen, wäre verboten.

Man dürfte sie betreten, wenn man sie direkt von einer anderen Tür wieder verlässt, wie es bei großen Moscheen in Stadtzentren gängig und sogar gewissermaßen nötig ist, damit man keine großen Umwege machen muss. Würde man sie nämlich von der gleichen Tür wieder verlassen, würde es unter das verbotene ‚Verweilen‘ fallen.

Sollte man daher einen feuchten Traum haben, während man in einer Moschee schläft, müsste man die Moschee dann gleich verlassen, wenn man es später bemerkt.

3. Großer Hadath – Menstruation und Wochenbett

Vorab: Zu den Dingen, die bereits mit dem alleinigen Aufhören der Blutung automatisch nicht mehr verboten sind, gehört

  • das Fasten,
  • das Betreten (aber nicht das Verweilen in) einer Moschee
  • und die Scheidung.

Außerdem wird auch das Gebet ab diesem Zeitpunkt wieder verpflichtend.

Alle Dinge, die auch im Zustand der Janābah verboten sind, und zusätzlich noch die Intimität mit dem Ehepartner sind erst später nach dem Vollziehen des Ghusls nicht mehr verboten.

3a. Alle Dinge, die im Zustand der Janābah verboten sind

Auch hier gilt: Obwohl eine Frau sich rein theoretisch im Zustand der Menstruation bzw. des Wochenbetts befinden kann, obwohl sie nicht junub ist, ändert dies praktisch nichts an den Dingen, die für sie im Zustand der Menstruation bzw. des Wochenbetts verboten sind.

3b. Fasten

Das verpasste Pflichtfasten muss sie im Gegensatz zum verpassten Pflichtgebet jedoch nachholen.

Wie zuvor bereits erwähnt wurde, hält dieses Verbot nur bis zum Ende der Blutung an. Das bedeutet, dass eine Frau, deren Blutung kurz vor Fajr aufhört, den nächsten Tag fasten kann, auch wenn sie den Ghusl noch nicht vollzogen hat. Ob man den Fastentag mit oder ohne ritueller Reinheit beginnt, spielt nämlich keine Rolle, obwohl es besser wäre, den Ghusl noch vor Fajr zu vollziehen (falls möglich).

3c. Betreten einer Moschee

Nicht nur das Verweilen in einer Moschee wäre für sie verboten, sondern sogar das alleinige Betreten dieser. Ein Grundsatz besagt nämlich, dass man eine Moschee nicht der Gefahr aussetzen darf, rituell verunreinigt zu werden. Dieses Verbot bezieht sich daher nur auf Frauen, die befürchten, mit ihren Blutungen die Moschee zu verunreinigen, was heutzutage jedoch sehr unwahrscheinlich ist, aufgrund der Hygiene-Produkte, die Frauen nun verwenden. Daher ist dieser Punkt nicht wirklich zeitgemäß und es gilt für sie im Bezug auf Moscheen praktisch nur, was auch für eine Person im Zustand der Janābah gilt.

3d. Intimität

Nicht nur der Geschlechtsverkehr wäre verboten, sondern zusätzlich auch noch jeder Hautkontakt mit dem Bereich zwischen dem Bauchnabel und den Knien der Frau (Bauchnabel und Knie ausgeschlossen).

Es spielt keine Rolle, ob Lust involviert wäre oder nicht, sondern nur, ob dabei ein direkter Hautkontakt zustande käme. Daher wären lustvolle Berührungen dieses Bereiches noch erlaubt, wenn eine Kleidungsbarriere vorhanden ist.

Andere Dinge, die nicht den beschriebenen Bereich betreffen, wie das Küssen oder andere Zärtlichkeiten, wären selbstverständlich uneingeschränkt erlaubt.

3e. Scheidung

Obwohl es gültig wäre, sich von seiner Frau zu scheiden, während sie menstruiert oder sich im Zustand des Wochenbetts befindet, wäre es trotzdem verboten. Sie wäre dann zwar effektiv rechtlich geschieden worden, aber man könnte dafür in der Ākhirah zur Rechenschaft gezogen werden.

3f. Wudū oder Ghusl zur Wiederherstellung der rituellen Reinheit

Weil der Wudū oder der Ghusl nur außerhalb dieser Phasen die rituelle Reinheit wiederherstellen kann, wäre es der Frau verboten, sie innerhalb dieser Phase, mit der entsprechenden Absicht, die rituelle Reinheit wiederherzustellen, zu vollziehen. Es käme nämlich einem Spielen mit den islamischen Urteilen gleich.

Im Gegensatz hierzu wäre beispielsweise das Vollziehen des Sunnah-Ghusls der Eid-Feiertage dennoch empfohlen, weil hierbei nicht versucht werden würde, erfolglos eine rituelle Reinheit wiederherzustellen, sondern das Ziel stattdessen nur die Körperpflege wäre.

[siehe Mughnī al-Muhtāj, Reliance of the Traveller, Fiqh al-Ibādāt (von Shaykhah Hājjah Durriyah al-Aytah) und Imām an-Nawawī’s at-Tibyān]

Und ALLĀH ta’ālā weiß es am besten.