Reinigung nach dem Toilettengang (al-Istinjā)

Bismillāhir-rahmānir-rahīm.
Al-hamdu lillāhi rabbil-ālamīn.
Was-salātu was-salāmu alā rasūlinā muhammad,
wa alā ālihi wa sahbihi ajma’īn

In Deinem Namen lernen wir diese Dinge und nur Dir gegenüber müssen wir uns am Ende rechtfertigen.


Nach dem Toilettengang muss die Reinheit des Körpers entsprechend gewisser Standards wiederhergestellt werden. Diese Standards sind im Islam grundsätzlich strenger, weswegen es besonders wichtig ist, dass man sie kennt, einhält und so seine Gebete und andere von der Reinheit abhängigen Ibādāt nicht gefährdet.

Inhaltsverzeichnis

  1. Womit man sich reinigen kann
    • Wasser
    • Toilettenpapier
  2. Mindestreinigung
    • Mit Wasser alleine oder in Kombination mit Toilettenpapier
    • Mit Toilettenpapier alleine
  3. Beseitigen des Rest-Urins (al-Istibrā)
  4. Sunan

1. Womit man sich reinigen kann

Es ist grundsätzlich erlaubt, zwei Arten von Reinigungsmitteln zu verwenden:

  1. Wasser
  2. Toilettenpapier

Wasser alleine zu verwenden ist in jedem Fall möglich. Toilettenpapier alleine zu verwenden, ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich (siehe 1b). Am besten wäre es, zuerst mit Toilettenpapier den Bereich so gut wie möglich zu reinigen und dann die rituelle Reinigung mit Wasser zu finalisieren.

Dass man bei der Reinigung nach dem Toilettengang sich auch mit Toilettenpapier alleine reinigen darf, stellt eine Ausnahme dar. Grundsätzlich gilt nämlich, dass rituelle Verunreinigungen nur mit Wasser beseitigt werden können. 

1a. Wasser

Es darf nur reines Wasser, in seiner ursprünglichen Form, für die Reinigung verwendet werden. Beispielsweise Seifenwasser wäre daher ungenügend, weil es so nicht mehr in seiner natürlichen Form wäre. Es würde dann nämlich bei Kontakt mit der rituellen Verunreinigung selbst rituell unrein werden und so die rituelle Verunreinigung nur vergrößern.

Das gleiche Problem gäbe es auch bei nassem Toilettenpapier. Sich damit zu reinigen, wäre auch ungenügend, weil das Wasser aus eigener Kraft die rituelle Verunreinigung durchfließen muss.

[Obwohl es ungenügend wäre, sich mit Seifenwasser oder nassem Toilettenpapier zu reinigen, wäre es dennoch erlaubt. Die Stelle wäre jedoch noch rituell verunreinigt und müsste daher noch von normalem Wasser durchflossen werden, damit sie auch rituell rein wird.]

1b. Toilettenpapier

In den Fiqh-Büchern wird statt Toilettenpapier häufig, wenn nicht sogar immer, der Begriff Steine benutzt, weil das damalige Toilettenpapier der Stein war. Damit meinen sie dann eigentlich: Steine und was ihren Platz einnehmen kann.

In diesem Beitrag beschränke ich mich einfach auf das Toilettenpapier und gehe nicht zu tief darauf ein, was man alternativ auch noch verwenden könnte und was nicht.

Hier nur mal kurz die Bedingungen für Sachen, die auch den Platz von Steinen einnehmen können:

  1. Die Sache selbst ist rituell rein.
  2. Die Sache ist fest und kann reiben, damit sie überhaupt die Stelle reinigen kann.
  3. Die Sache ist trocken.
  4. Die Sache stellt keinen Respektsgegenstand dar, wie beispielsweise Essen oder islamische Texte.

Toilettenpapier erfüllt bekannterweise all diese Bedingungen. Was alternativ sonst noch verwendet werden könnte, wird möglicherweise in einem separaten Beitrag behandelt inshāAllāh.

Bedingungen für die Benutzung von Toilettenpapier

Das Benutzen von Toilettenpapier (bzw. Steinen und was ihren Platz einnehmen kann) stellt eine Erleichterung für die Reinigung nach dem Toilettengang dar. Sie darf jedoch nur beansprucht werden, wenn bestimmte Voraussetzungen ausnahmslos erfüllt werden: 

  1. Die rituelle Verunreinigung ist nicht getrocknet.
  2. Die rituelle Verunreinigung befindet sich noch innerhalb des jeweiligen Austretungsbereichs.
    • Der Austretungsbereich des hinteren privaten Teils (also bei beiden Geschlechtern): Der Bereich, der sich von dem hinteren privaten Teil verschließt und nicht mehr sichtbar ist, wenn man steht. Wenn man in die Hocke geht, öffnet sich dieser Bereich und ist wieder sichtbar. [Also ungefähr der Bereich zwischen den beiden Gesäßmuskeln.]
    • Der Austretungsbereich des männlichen privaten Teils: Der Kopf des privaten Teiles.
    • Der Austretungsbereich des weiblichen privaten Teils: Diesen Bereich zu beschreiben wäre eher unangemessen, weil bei Frauen der Urin normalerweise sowieso ziemlich leicht außerhalb dieses Bereichs kommt und somit eine genauere Beschreibung an dieser Stelle vermieden werden kann. [Also dürfte eine Frau nach dem Urinieren, aufgrund dieser Tatsache, gewöhnlich nicht nur Toilettenpapier verwenden.]
  3. Die rituelle Verunreinigung kam mit keiner anderen rituell unreinen Substanz in Kontakt.
  4. Die rituelle Verunreinigung kam mit keiner Flüssigkeit in Kontakt; auch wenn die Flüssigkeit rein war.

[Ob man stattdessen auch mit Wasser reinigen könnte, spielt also keine Rolle.]

Wenn auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist, kann man die rituelle Verunreinigung, wie bei anderen rituellen Verunreinigungen auch, nur noch mit Wasser beseitigen.

Zum Beispiel würde es in keinem Fall ausreichen, nach dem Urinieren einen Urinfleck auf dem Bein nur mit Toilettenpapier zu reinigen, weil dieser sich damit nicht mehr innerhalb seines jeweiligen Austretungsbereiches befinden würde. Man müsste dann also zum Wasser greifen.

Genauso dürfte das Toilettenpapier nicht befeuchtet werden, wie zuvor bereits erklärt wurde.

2. Mindestreinigung

2a. Mit Wasser alleine oder in Kombination mit Toilettenpapier

Wird die Stelle nur mit Wasser gereinigt oder zuerst mit Toilettenpapier und dann erst mit Wasser gereinigt, muss die rituelle Verunreinigung vollständig beseitigt werden. Der jeweilige Bereich muss also in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden. 

Also wenn Wasser ins Spiel kommt, wird die nötige Mindestreinigung gleich der vollständigen Reinigung des Bereichs. Dieser Punkte ist noch recht einfach. Der nächste Punkt wird jedoch etwas umfangreicher.

2b. Mit Toilettenpapier alleine

Mindestanzahl an Reinigungen

Allgemein gilt, dass bei der alleinigen Verwendung von Toilettenpapier immer mindestens dreimal gereinigt werden muss!

Salmān al-Fārisī (radīAllāhu anhu) sagte sinngemäß:

“Der Prophet (ﷺ) verbietete es uns, uns mit weniger als drei Steinen zu reinigen.“

[Sahih Muslim, Nr. 262] 

Das heißt, dass wenn die rituelle Verunreinigung bereits mit dem zweimaligen Wischen mit Toilettenpapier beseitigt werden konnte, man dennoch noch einmal wischen muss, damit die Stelle als rituell rein angesehen werden kann.

Bei dem hinteren privaten Teil braucht es für gewöhnlich sowieso mehr als drei Anläufe, aber bei dem vorderen nicht unbedingt. Bei dem vorderen privaten Teil muss man nämlich nach dem letzten Urintropfen, der das System verlässt, das dreimalige Wischen durchführen, was man möglicherweise leicht vergessen kann..

Jede dieser drei Reinigungen müssen den betroffenen Bereich auch jeweils vollständig abdecken. Wenn man mit einer Reinigung nämlich nur einen Teilbereich der rituellen Verunreinigung abdeckt, wäre die jeweilige Reinigung nicht ausreichend. Dass die Reinigungen am sauberen Bereich der Haut beginnen sollten und daher nicht mitten in der Verunreinigung, sollte selbstverständlich sein.

Außerdem muss immer eine andere Seite bzw. Stelle des Klopapiers verwendet werden, damit das Wischen als korrekte rituelle Reinigung gewertet werden kann. Wenn man danach jedoch Wasser verwenden will, würde es keine Rolle spielen, weil das Entfernen der rituellen Verunreinigung dann schlussendlich sowieso durch das Wasser zustande käme.

Mindestreinigung der jeweiligen Stellen

– Hinteres privates Teil

Sollte man sich bei dem hinteren privaten Teil auf Toilettenpapier beschränken wollen, muss der Bereich mindestens so gut gereinigt werden, dass das Toilettenpapier kaum noch einen signifikanten Teil der rituellen Verunreinigung beseitigen kann. Eine perfekt vollständige Reinigung, wie mit dem Wasser, wäre nämlich kaum möglich und wird daher auch nicht gefordert.

Dass auf dem Toilettenpapier nach dem Wischen absolut gar keine Spuren der rituellen Verunreinigung zu sehen sind, wäre daher nicht notwendig. Es wäre aber trotzdem besser, falls möglich.

[Das Genannte bezieht sich jedoch nur auf Toilettenpapier, weil es sehr effektiv in der Reinigung ist, im Gegensatz zu beispielsweise Steinen.]

Der Bereich muss außerdem nur außen rituell gereinigt werden. Was von außen nicht sichtbar ist, sollte daher auch nicht gereinigt werden. Zu tief zu reinigen, könnte gesundheitliche Schäden zur Folge haben.

– Vorderes privates Teil

Bei dem vorderen privaten Teil ist die Reinigung mit Toilettenpapier nicht außergewöhnlich speziell. Der Bereich muss einfach trocken gewischt werden, unter Einhaltung der in Punkt 1b beschriebenen Bedingungen.

3. Beseitigen des Rest-Urins (al-Istibrā)

Der Gesandte ALLĀHs (ﷺ) ging an zwei Gräbern vorbei und sagte sinngemäß: 

„Sie werden bestraft, und dabei geht es nicht um etwas, das schwer zu vermeiden wäre. Einer von den beiden pflegte sich während des Urinierens nicht vor dem Urin zu schützen, und der andere ging herum und verbreitete üble Nachrede über Andere.“

[Sahih al-Bukhārī, Nr. 6055]

Nach dem Urinieren bleibt eine gewisse Menge an Rest-Urin in den Leitungen zurück, welcher dann im späteren Verlauf durch alltägliche Bewegungen austreten kann. Dadurch würde man sein Gebet gefährden, weil dadurch die Kleidung rituell verunreinigt werden würde, der Wudū brechen würde und die Reinigung nach dem Toilettengang auch wiederholt werden müsste. Bei Männern ist dieses Problem aufgrund ihrer längeren Harnröhre auch größer.

Aufgrund dieser Tatsache muss man nach dem Urinieren bestimmte Vorkehrungen treffen, um diesen Rest-Urin aus dem System zu bekommen, damit das unerwartete spätere Austreten von Rest-Urin unwahrscheinlich wird.

Weil dieses Thema viele Brüder sehr anfällig für Einflüsterungen macht, wird hier eine mögliche Methode beschrieben:

Zu Beginn drückt man das private Teil mehrere Male (mit der linken Hand) von unten anfangend aus, damit der größte Anteil des Rest-Urins austreten kann, und trocknet die Stelle dann immer wieder mit Toilettenpapier. Wenn der austretende Urin immer weniger wird, kann man, zusätzlich zu dem Ausdrücken, auch noch mit Bewegungen beginnen – beispielsweise Kniebeugen oder das Schütteln des privaten Teiles. Zwischendurch prüft man mit dem Klopapier immer wieder, ob und wie viel Rest-Urin austritt.

Wenn nach all diesen Vorkehrungen mehrere Kontrollen mit dem Klopapier ergeben, dass kein Rest-Urin mehr austritt, und man sich ziemlich sicher ist, dass das auch so bleiben wird, so reicht dies und man kann die Reinigung mit Wasser oder Klopapier finalisieren. [Im Falle von der Reinigung mit Klopapier alleine: Die drei Mindest-Reinigungen nicht vergessen (siehe 2b)!] 

Manche legen Toilettenpapier in ihre Unterwäsche und laufen dann einige Schritte, damit der Rest-Urin austreten kann. Bei dieser Methode müsste man jedoch darauf achten, dass das Papier nicht zu dünn ist, damit der Urin nicht in Kontakt mit der Kleidung kommen kann und diese dann rituell verunreinigt!

Genauere Angaben kann man leider nur schwer machen, weil das Beseitigen des Rest-Urins bei jedem Menschen anders aufwendig ist. Wenn ich jedoch einen durchschnittlichen zeitlichen Aufwand für diese Vorkehrungen nennen müsste, würde ich von rund zwei bis fünf Minuten sprechen.

4. Sunan

Nun folgen einige wenige Empfehlungen bezüglich der Reinigung nach dem Toilettengang:

  • Am besten beseitigt man zunächst das Gröbste der rituellen Verunreinigung mit Klopapier und beseitigt den Reste dann erst mit Wasser.
  • Wenn man sich zwischen der Reinigung mit Wasser alleine oder mit Toilettenpapier alleine entscheiden kann, so wäre das Wasser besser.
  • Um Einflüsterungen bezüglich Urin zu vermeiden, benetzt man seine Kleidung mit Wasser, wenn man sich ziemlich sicher ist, dass man vor Rest-Urin sicher ist.
    [Das Gefühl, dass möglicherweise doch Urin ausgetreten sein könnte, kann sehr trügerisch sein. Fallt da nicht darauf ein!]
  • Außerdem ist es zusätzlich noch empfohlen, immer in einer ungeraden Anzahl mit dem Toilettenpapier zu reinigen. Falls vier Anläufe bereits für die rituelle Reinigung reichten, wäre es daher empfohlen, ein zusätzliches Mal zu reinigen, damit es fünf werden.

Der Prophet (ﷺ) sagte sinngemäß:

“Wenn einer von euch sich mit Steinen reinigt, der soll es mit einer ungeraden Anzahl an Steinen (oder in einer ungeraden Zahl von Anläufen) tun.[…]”

[Sahih Muslim, Nr. 237]
  • Vorkehrungen, wie das Ausdrücken des Rest-Urins, in einer ungeraden Anzahl durchzuführen, wäre auch empfohlen.
  • Das Benutzen der rechten Hand wäre bei der Reinigung makrūh. Man sollte sich dabei auf die linke Hand beschränken.

[siehe al-Mughnī al-Muhtāj und al-Majmū‘]

Und ALLĀH ta’ālā weiß es am besten.