Grundlagen der Zakāt – (2/3) Zakāt von Geld

Bismillāhir-rahmānir-rahīm.
Al-hamdu lillāhi rabbil-ālamīn.
Was-salātu was-salāmu alā rasūlinā muhammad,
wa alā ālihi wa sahbihi ajma’īn

In Deinem Namen lernen wir diese Dinge und nur Dir gegenüber müssen wir uns am Ende rechtfertigen.


Die Zakāt von Geld entspricht 2,5% und muss entrichtet werden, wenn man (1) mehr Geld besitzt als der Nisāb beträgt und (2) das Besitzen des jeweiligen Geldes ein ganzes Jahr lang durchgehend anhält.

  1. Was ist der Nisāb?
  2. Welches Geld ist betroffen?
  3. Wie muss dieses Zakāt-Jahr verstanden werden?
  4. Was ist mit verschiedenen Währungen?

1. Was ist der Nisāb?

Der Nisāb ist der Mindestwert, den man (mit Sicherheit) erreicht haben muss, damit die Zakāt für den jeweiligen Besitz überhaupt in Frage kommt.

Der Gesandte ALLĀHs (ﷺ) sagte sinngemäß:

Wenn man 200 Dirhams (= Silbermünzen) hat und ein ganzes Jahr vergeht, während man diese besitzt, dann entrichtet man 5 Dirhams davon.

Man ist nicht dazu verpflichtet, etwas (als Zakāt) zu entrichten, bis man zwanzig Dinār (= Goldmünzen) besitzt. Wenn man 20 Dinār besitzt und ein ganzes Jahr vergeht, dann entrichtet man einen halben Dinar davon. Alles darüber wird entsprechend berechnet.“

[Sunan Abu Dāwūd]

Hier wurde der Nisāb für Silber mit 200 Silbermünzen festgelegt und der Nisāb für Gold mit 20 Goldmünzen. Früher entsprachen 20 Goldmünzen sogar dem selben Wert wie 200 Silbermünzen, aber heutzutage ist der Unterschied zwischen den beiden sehr groß.

Die damaligen Goldmünzen werden auf rund 4,235 Gramm und die damaligen Silbermünzen auf rund 2,9645 Gramm geschätzt. Daraus ergibt sich also ein Gold-Nisāb von rund 84,7 Gramm und ein Silber-Nisāb von rund 592,9 Gramm. Wer den Meinungsverschiedenheiten zu den genauen Maßen vollständig aus dem Weg gehen will, kann stattdessen auch von 80 Gramm für Gold und 560 Gramm für Silber ausgehen.

Bei der Ermittlung des aktuellen Marktwertes wäre nur der Wert für den höchsten Reinheitsgrad entscheidend; also 999er Gold und 999er Silber. [Weil reines Gold und reines Silber von Natur aus weich sind, werden gewöhnlich Spuren anderer Metalle beigemischt, wie beispielsweise Kupfer. Deswegen 999er (also 99,9%iges) statt 1000er (also 100%iges) Gold bzw. Silber.]

Angaben für den 02.01.2020:

Gold: 43,90€ pro Gramm -> der Gold-Nisāb (84,7g) beträgt rund 3.718,33€
Silber: 0,52€ pro Gramm -> der Silber-Nisāb (592,9g) beträgt rund 308,31€

Zwei Werte, die damals noch einigermaßen gleich waren, können sich mittlerweile also um rund 3.400€ unterscheiden!

Welchen Nisāb verwendet man nun, um zu wissen, ob man die Zakāt für sein Geld entrichten muss? Die Antwort ist Gold, weil Gold im Gegensatz zu Silber deutlich mehr mit dem heutigen Geldsystem zu tun hat. Stattdessen jedoch den Silber-Nisāb zu verwenden, wäre dennoch stark empfohlen, damit den Zakāt-Empfängern noch mehr Hilfe zuteil werden kann.

2. Welcher Besitz ist betroffen?

Jedes Geld, welches man ‚besitzt‘, also das Geld unter dem Kissen, in der Sparbüchse oder der Geldtasche, muss bei der Berechnung der Zakāt miteinbezogen werden.

Was Schulden, Verlorenes, Gestohlenes und dergleichen angeht und wie genau diese bei der Zakāt zu berücksichtigen wären, wird inshāAllāh in einem eigenen Beitrag behandelt. Die kurze unvollständige Antwort wäre, dass auch solch ein Besitz noch ganz normal zakātbar wäre, aber die Zakāt davon selbstverständlich nur dann entrichtet werden müsste, wenn der jeweilige Besitz auch (wieder) verfügbar wäre.

Bei der Zakāt von Gold und Silber wird erlaubter Schmuck nicht mit einberechnet. Gold und Silber, welches man für einen anderen Zweck besitzt, egal für was, hingegen schon. Hierzu folgt inshāAllāh noch ein eigener Beitrag, wo dann genau behandelt wird, wann das Besitzen und Benutzen von Gold und Silber möglich wäre und wann nicht.

Abdullāh Ibn Umar (radīAllāhu anhu) sagte sinngemäß:

Keine Zakāt (ist) für Schmuck (nötig).

[ad-Daraqutnī]

Besitztümer, die nicht aus purem Gold bzw. purem Silber bestehen, müssen selbstverständlich nur entsprechend ihrer jeweiligen Anteile bei der Zakāt berücksichtigt werden. Eine 24-karätige Goldkette (= 99,9% reines Gold) ist daher selbstverständlich nicht mit einer 18-karätigen Goldkette (= nur 75% reines Gold) gleichzusetzen.

3. Wie muss dieses Zakāt-Jahr verstanden werden?

Zuallererst: Zakāt-Jahre entsprechen Mondjahren, also 354 bzw. 355 Tagen, und nicht den heutzutage gängigeren Sonnenjahren mit 365 bzw. 366 Tagen. Diesen kleinen aber wichtigen Unterschied bitte berücksichtigen!

Wie man das mit dem Zakāt-Jahr anzugehen hat, ist in der Theorie eigentlich sehr einfach: In dem Moment, wenn man Geld bekommt, muss genau dieses Geld ein Jahr ohne Unterbrechung im Besitz der Person bleiben, damit die Zakāt davon entrichtet werden muss. Es können daher mehrere verschiedene Zakāt-Jahre nebeneinander ablaufen, weil man normalerweise natürlich nicht nur einmal im Jahr an einem einzigen Datum Geld bekommt.

Weiter unten wird erläutert, wie man es vermeiden kann, am Ende mit unzähligen Kalendereinträgen kämpfen zu müssen, wann von genau welchem Geld die Zakāt denn nun fällig wäre. Vorher folgt jedoch noch ein Beispiel, damit das erklärte Prinzip auch richtig sitzt.

Beispiel

Damit das Beispiel möglichst unkompliziert ist, gehen wir davon aus, dass die Person mit 0€ beginnt und keine Ausgabe hat. Als Nisāb nehmen wir 3.000€.

Ganz normal, wie es zuvor bereits erläutert wurde, wird jedem Geld ein eigenes Fälligkeitsdatum zugeschrieben: Ein Jahr, beginnend von dem Zeitpunkt, als man das jeweilige Geld bekommen hat.

Interessant sind in diesem Beispiel die Einnahmen der ersten drei Monate, weil man im ersten und im zweiten Monat noch unter dem Nisāb war und folglich die Zakāt noch kein Thema war. Erst als im dritten Monat die Grenze des Nisābs überschritten wurde, galt der Besitz dieses Zeitpunktes (also 3.000€) als zakātbar und das erste Zakāt-Jahr begann daher auch erst dann.

  • Was wäre, wenn die Person nun unter den Nisab käme?

Alle nicht abgeschlossenen Zakāt-Jahre würden dadurch abgebrochen werden und die Person müsste dann doch keine Zakāt von ihrem Besitz entrichten.

  • Was wäre, wenn einer dieser Geldabschnitte vor der Fälligkeit der zugehörigen Zakāt vollständig ausgegeben werden würde?

Es wäre dann doch keine Zakāt nötig, weil das jeweilige Geld dann doch nicht ein Jahr besitzt wurde. Auch wenn dies nur einen Tag vor dem Fälligkeitsdatum geschehen würde.

Seinen Besitz absichtlich auszugeben, nur um der Zakāt zu entkommen, wäre jedoch makrūh.

  • Was passiert nachdem das Fälligkeitsdatum einer Zakāt eingetroffen ist?

Am Ende eines Zakāt-Jahres gehören 2,5% des jeweiligen Geldes automatisch den Zakāt-Empfängern. Auch wenn sich dieser Anteil des Geldes dann noch in der eigenen Hosentasche befindet, wäre man eigentlich nicht mehr der rechtmäßige Besitzer dieses Geldes. Daher müsste man es ihnen dann auch so schnell wie möglich zukommen lassen, wie im dritten Teil dann inshāAllāh ausreichend behandelt wird.

Außerdem folgt einem abgelaufenen Zakāt-Jahr auch sofort ein weiteres Zakāt-Jahr; vorausgesetzt, man kam durch das Abziehen dieser Zakāt nicht unter den Nisāb. Das heißt, dass von den übrigen 2.925€ des 01.04.1441 ein Jahr später am 01.04.1442 nochmal eine Zakāt fällig wäre (wenn nichts dazwischen käme).

Wie mache ich mir diese ganzen Rechnungen einfacher?

Weil man die verschiedensten Geldbeträge zu den verschiedensten Zeitpunkten erhalten kann, könnte es durch unzählige Fälligkeitsdaten außerordentlich schwer werden, seine Zakāt genau dann zu entrichten, wenn sie fällig wäre.

Um das Ganze leichter zu machen, wird daher empfohlen, seine Zakāt-Zahlungen jährlich einmal zu machen, indem man einfach die Zakāt der Geldeinheiten, die theoretisch erst später fällig wären, auch gleich mit der ersten fälligen Zakāt zusammen entrichtet.

Die Zakāt von einem Besitz im Vorhinein zu entrichten, wäre nämlich erlaubt. Das jedoch unter der Bedingung, dass man es nicht früher als ein Jahr vorher macht. Sollte für das Geld, von dem man die Zakāt schon im Voraus entrichtet hat, dann später doch keine Zakāt nötig sein, weil man vor dem Ende des Zakāt-Jahres dann unter den Nisāb kommt oder das jeweilige Geld vorher vollständig ausgibt, hätte man somit schlimmstenfalls eine freiwillige Spende getätigt.

[Zakāt, die vor dem jeweiligen Fälligkeitsdatum an die Zakāt-Empfänger weitergegeben wurde, ist gewissermaßen noch im eigenen Besitz, wenn es um darum geht, ob man mit dem Besitz über dem Nisāb ist (bis das Fälligkeitsdatum eintrifft). Das ist in der Praxis nicht unbedingt relevant, aber ich wollte es dennoch der Vollständigkeit halber erwähnen.]

Nochmal in kurz & einfach: Nimm einfach das früheste Zakāt-Fälligkeitsdatum, das du hast (also jährlich nachdem du das letzte Mal den Nisāb überschritten hast), und tue so als wäre es das Fälligkeitsdatum von deinem gesamten Geld, das du zu diesem Zeitpunkt besitzt. Für das zuvor behandelte Beispiel also einfach am 01.03 jedes Jahres.

Damit erleichterst du dir die Berechnungen deutlich, bist auf der sichereren Seite und ermöglichst den Zakăt-Empfängern sogar noch mehr Hilfe!

4. Was ist mit verschiedenen Währungen?

Wie bereits im Abschnitt über den Nisāb angesprochen wurde, ist modernes Geld dem Gold ziemlich nahe. Daher wird es in dieser Fragestellung gewissermaßen mit Gold gleichgesetzt.

Das bedeutet, dass eine Person ihr Geld aller Währung zusammen mit ihrem Gold-Besitz summiert betrachten muss, wenn sie feststellen will, ob sie den Nisāb erreicht hat oder nicht. Es wird also nur der Silber-Besitz isoliert betrachtet, ohne ihn mit einer anderen Art von Besitz zu summieren.

Sagen wir der Nisāb für Gold, Silber und jede moderne Währung ist jedes Mal einfach 10 (in der jeweiligen Einheit). Eine Person, die 4 Dollar, 4 Euro, 2 Gramm Gold und 9 Gramm Silber besitzt, müsste daher für ihren Dollar-Besitz, ihren Euro-Besitz und ihren Gold-Besitz die Zakāt entrichten, aber nicht für ihren Silber-Besitz.

Ein weiterer interessanter Punkt wäre der Währungswechsel: Das Tauschen von Gold gegen Silber (oder umgekehrt) würde nämlich dazu führen, dass man den jeweiligen Besitz einen kurzen Moment (während des Tausches) nicht mehr besitzt. Deswegen würde das Zakāt-Jahr dieses Besitzes kurz unterbrochen werden und daher von Neuem beginnen.

Shaykh Hamzah Karamālī (hafidhahullāh) meinte, dass womöglich auch das Tauschen einer Währung gegen eine andere das Zakāt-Jahr von Neuem beginnen lassen würde.

[Auch hier gilt wieder, dass es makrūh wäre, eine Währung nur gegen eine andere Währung zu tauschen, um so der Zakāt zu entkommen.]

[siehe Reliance of the Traveller, Fiqh al-Ibādāt und Fath al-Mu’īn]

Und ALLĀH ta’ālā weiß es am besten.